Ein Mammut-Stoßzahn, der gerade im Dauerfrostboden Sibiriens entdeckt worden ist, auf dem Weg zu weiteren Untersuchungen. - © R.-D. Kahlke/Senckenberg Weimar
Ein Mammut-Stoßzahn, der gerade im Dauerfrostboden Sibiriens entdeckt worden ist, auf dem Weg zu weiteren Untersuchungen. - © R.-D. Kahlke/Senckenberg Weimar

Berlin. Riesige Mammuts mit spiralförmig nach oben gebogenen Stoßzähnen und langem, zotteligem Fell trotten über eine weite Gras-Landschaft, auf der noch einige Schneefelder in der Sonne glitzern. So ähnlich stellen wir uns gerne die letzte Eiszeit vor - und liegen damit gar nicht so falsch. War doch das Wollhaar-Mammut Mammuthus primigenius das Erfolgsmodell der Eiszeit schlechthin. Noch heute tauchen seine Überreste aus so verschiedenen Regionen wie den Dauerfrostböden Sibiriens, dem Grund der Nordsee oder der Iberischen Halbinsel auf.

Als Ralf-Dietrich Kahlke von der Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie in Weimar die Fossilien-Fundorte dieser Art auf einer Karte eintrug, entpuppte es sich als das am weitesten verbreitete große Säugetier der letzten Eiszeit: Vor rund 110.000 bis 12.000 Jahren grasten die Tiere zwischen dem heutigen Portugal und England im Westen über Sibirien bis in den Osten Kanadas und im Herzen Nordamerikas auf mehr als 33 Millionen Quadratkilometern und damit in einem Gebiet, das 60 Prozent der Landfläche des heutigen Eurasiens entspricht, berichtet der Forscher in der Zeitschrift "Quaternary International".

Meeresspiegel lag damals tiefer


Ähnlich wie Steppen-Elefanten in den vergangenen Jahrhunderten noch überall über die warmen Savannen Afrikas trotteten, waren die Wollhaar-Mammuts damals auf sehr vielen der kühlen Steppen Europas, Asiens und Nordamerikas unterwegs. In den riesigen Eispanzern dieser Zeit steckte so viel Wasser, dass der Meeresspiegel auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit 125 bis 130 Meter tiefer als heute lag. Große Regionen wie die südliche Nordsee, die nördliche Adria und ein gigantisches Gebiet nördlich des heutigen Ostens von Sibirien bis hinunter zur heutigen Alaska-Halbinsel waren damals trocken gefallen. In diesen hügeligen, kalten oder kühlen Steppen grasten ebenfalls viele Mammuts. "Das zeigen zum Beispiel rund 50.000 Mammut-Funde vom Grund der heutigen Nordsee", erklärt Ralf-Dietrich Kahlke.

Als der Senckenberg-Forscher alle Wollhaar-Mammut-Funde der letzten Eiszeit in eine Karte der damaligen Landflächen eingetragen hatte, sah er dort nicht nur das exakte Verbreitungsgebiet dieser Art, sondern auch die Hindernisse, die das Erfolgsmodell Mammut offensichtlich nicht überwinden konnte. Dazu gehörten die großen Eispanzer auf den Landmassen. Dort stoppten nicht nur Gletscherspalten und andere Hindernisse die Wanderungen der zotteligen Rüsseltiere, sondern vor allem die fehlende Nahrung. Davon aber brauchten die Tiere jede Menge, der Magen eines Fossils bot immerhin Platz für 290 Kilogramm Futter, was möglicherweise einer Tagesration entsprach.