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Der Wintersonne entgegen

Von Alexandra Grass

Wissen
Die Gefahren für Riesenhaie ergeben sich mit ihren Reiserouten.
© T. Shepeleva

Erstmals gibt es Aufzeichnungen über die Wanderungen von Riesenhaien.


Exeter/Wien. Bisher war nicht viel darüber bekannt, wie der Plankton-fressende britische Riesenhai, der weltweit zweitgrößte Fisch, seinen Winter verbringt. Forscher der University of Exeter haben diese unbekannte Seite dieser Spezies nun erstmals ans Tageslicht gefördert - zumindest teilweise.

Manche von ihnen wurden in der Nähe Portugals oder Nordafrikas aufgespürt, andere steuerten den Golf von Biskaya an, wiederum andere machten Urlaub nahe Großbritannien und Irland. Da die Tiere nur sehr wenig Zeit an der Wasseroberfläche verbringen und oft weit vom Festland entfernt durchs Wasser treiben, benutzten die Wissenschafter ein hochmodernes Satellitenortungsprogramm, um die bisher detailreichste Studie über den Riesenhai und seine Reisetätigkeit hervorzubringen. Ursprünglich dachten die Forscher, der riesige Fisch überwintere nur in den Gewässern nahe Großbritannien, aber schon Daten der letzten Jahre hatten diese Theorie untergraben.

Schutzmaßnahmen

"Darüber Bescheid zu wissen, wo sich diese Tiere das ganze Jahr über aufhalten, ermöglicht uns ein Verständnis darüber, welchen Bedrohungen sie ausgesetzt sind", betont Studienautor Philip Doherty vom Environment and Sustainability Institute an der University of Exeter.

Diese wichtige Information benötigen die Forscher, wenn sie den Riesenhai schützen wollen. Zu wissen, dass sich die Tiere auch außerhalb der britischen Gewässer herumtreiben, ist bedeutend für die Entwicklungen von Maßnahmen zu ihrem Schutz. Diese Anstrengungen müssten dann auf internationaler Ebene umgesetzt werden.

Der kommerzielle Fischfang des Menschen dürfte die größte oder nahezu sogar einzige Gefahr für die Tiere bedeuten, meinen die Wissenschafter in ihrer Studie. Aber auch andere Umstände wie der Schiffsverkehr, der Meeresabfall, technische Gegebenheiten und Bautätigkeiten in den Ozeanen und auch Lärm könnten ebenso negative Effekte haben, heißt es in der im Fachblatt "Scientific Reports" erschienenen Publikation.

Der Riesenhai erreicht eine Körperlänge von bis zu zwölf Metern und ist mit seinen bis zu rund vier Tonnen der weltweit zweitgrößte Fisch nach dem Walhai. Er schwimmt mit geöffnetem Maul und lässt so das Wasser durch die Kiemen strömen. Mit dieser Methode ist er in der Lage, rund 1800 Tonnen Wasser in der Stunde nach Plankton zu filtern. Früher war er bei britischen Fischern beliebt für sein Öl, sein Fleisch und seine Flossen. Im Jahr 1998 wurde er allerdings mit dem britischen "Wildlife and Countryside Act" unter vollständigen Schutz gestellt.

Reisegründe unklar

Für ihre Untersuchungen statteten die Forscher 70 Haie mit Trackern aus, um sie für mehr als fünf Monate lang zu begleiten. Die meisten der Tiere blieben entweder nahe Großbritannien oder reisten in die Gewässer um Spanien, Portugal und Nordafrika. Eine kleinere Zahl verbrachte den Winter im Golf von Biskaya im Westen Frankreichs. Jene, die sich in die südliche Sonne begaben, verließen ihren Heimathafen im späten Sommer beziehungsweise Herbst und kamen im Frühling beziehungsweise Frühsommer wieder zurück.

"Wir wissen nicht, ob die Individuen dieselbe Reise jährlich antreten oder dieses Verhalten auf Faktoren wie körperliche Kondition, Fortpflanzung und Nahrungsverfügbarkeit abhängt," erklärt Zweitautor Matthew Witt, ebenso von der University of Exeter. Möglicherweise seien auch die Paarung, nahrungsreiche Gebiete und eine bevorzugte Wassertemperatur von Bedeutung. Über die Haupttreiber ist sich die Wissenschaft noch unklar.

Der Riesenhai ist von der Weltnaturschutzunion als gefährdet eingestuft, tatsächlich sei die nordostatlantische Population allerdings vom Aussterben bedroht, ist in der Studie zu lesen.