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Strafrecht als Minenfeld

Von Daniel Bischof

Debatten über Ermittlungen sind von Polemik und Lagerdenken geprägt.


Sinnvolle Debatten über das Strafrecht sind politisch kaum noch zu führen. Die U-Ausschüsse und der Streit um Ermittlungen haben zu einem Lagerdenken geführt. Während die einen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit Schimpftiraden belegen, wird sie von anderen bedingungslos verteidigt. Wer sich äußert, wird schnell in ein Eck gedrängt, als ÖVP-Hintermann oder Fanboy der WKStA abgetan.

Der differenzierte Blick geht unter. Er wäre umso wichtiger, als es politisch genug zu diskutieren gibt - von der Weisungskette, den langen Verfahrensdauern, den Beschuldigtenrechten bis hin zur Frage, wie man in der Bevölkerung strafrechtliches Wissen verbreitet. Denn auch so manchem Politiker dürfte bisher nicht bewusst sein, dass eine Anzeige nicht mit einer Verurteilung gleichzusetzen ist.

Man nehme das Beispiel Heinz-Christian Strache. Der Ex-Vizekanzler ist mit zig Vorwürfen konfrontiert. Wenn es zuletzt Bilder von ihm gab, dann solche, wo er auf der Anklagebank sitzt. Doch Strache hat bis heute eine strafrechtlich weiße Weste. In einer Causa wurde er nicht rechtskräftig freigesprochen, in einer anderen seine Verurteilung aufgehoben, das Strafverfahren muss wiederholt werden.

Was gleich zum nächsten Punkt führt: Vertreter der WKStA betonen immer wieder, dass ihre Erfolgsquote nicht anhand ihrer Verurteilungen gemessen werden dürfe. Das stimmt einerseits. Staatsanwälte prüfen im Ermittlungsverfahren die Sachverhalte. Wenn sie eine Causa einstellen, ist das keine Niederlage. Ebenso wenig, wenn ein Richter den Angeklagten freispricht.

Andererseits hält die Strafprozessordnung schon auch fest, dass eine Anklage nur einzubringen ist, wenn "eine Verurteilung nahe liegt". Mit einem "Schau ma mal" dürfen Ankläger also nicht ins Hauptverfahren gehen. Wenn gleich mehrere brisante Verfahren mit Freisprüchen enden, wäre es ministeriumsintern an der Zeit, sich die Anklagepraxis der WKStA anzusehen, ohne mit dem Bihänder auf die Behörde loszustürmen.

Gesetzgeberische Fragen könnten wiederum unaufgeregt diskutiert werden, etwa bei einer parlamentarischen Enquete mit internationalen Experten. Vielleicht zeigen sich strukturelle Mängel, möglicherweise zeigt sich aber auch, dass es im Großen und Ganzen funktioniert und nur punktuelle gesetzliche Anpassungen braucht.

Für diese Debatte müssten nicht nur die Parteien ihr Lagerdenken überwinden. Auch manche WKStA-Vertreter müssten sich Sachkritik offener stellen. Denn besonders kritikfähig hat sich die Behörde bisher nicht gezeigt, wie die Anzeige gegen eine unliebsame Journalistin und das Umgehen mit den BVT-Ermittlungen zeigen.