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Homeoffice ohne gesetzlichen Boden

Von Florian Schrenk

Recht

Seit dem Covid-19-Lockdown arbeiten viele von zuhause aus - Regelungen dazu finden sich aber nur vereinzelt in Kollektivverträgen.


Seit dem Beginn der Covid-19-Pandemie ist auch das Thema Homeoffice allgegenwärtig. Insbesondere während der Massenquarantäne, des sogenannten Lockdowns, im März 2020 war Homeoffice für viele Unternehmen die einzige Möglichkeit, den Betrieb aufrechtzuerhalten.

Nachdem die Massenquarantäne beendet und die Maßnahmen nach Ostern dieses Jahres schrittweise wieder gelockert wurden, stellten viele Unternehmen Überlegungen zur (teilweisen) Beibehaltung von Homeoffice an.

Dies hat mehrere Hintergründe. Nebst der in mehreren Erhebungen festgestellten gestiegenen Akzeptanz von Homeoffice auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite arbeiten weiterhin viele Menschen aufgrund der ungewissen Entwicklung der kommenden Herbst- und Wintermonate nach wie vor oder erneut vom Wohnort aus. Homeoffice ermöglicht eine rasche Reaktion auf etwaige weitere Maßnahmen der Regierung, senkt das allgemeine Infektionsrisiko im Unternehmen, und auch der Schutz von Risikogruppen kann dadurch gegebenenfalls gewährleistet werden.

Klammert man die Pandemie aus und wagt man einen Blick über den Tellerrand der arbeitsrechtlichen Aspekte, bringt das (teilweise) Arbeiten von zu Hause durchaus spannende Möglichkeiten mit sich, wie etwa eine Verbesserung der Work-Life-Balance oder eine Entlastung des Verkehrs.

Was ist arbeitsrechtlichzu beachten?

Derzeit gibt es in Österreich de facto keine gesetzlichen Regelungen zur Telearbeit (so der historisch verwendete Begriff für das nunmehrige Homeoffice) selbst, einzig in Kollektivverträgen finden sich vereinzelt Regelungen.

Während in anderen Ländern, wie etwa Deutschland, sogar über einen Rechtsanspruch auf Homeoffice auf gesetzlicher Ebene diskutiert wird, ist man in Österreich dem Vernehmen nach zurückhaltender.

Ganz allgemein lautet die Überlegung wohl, dass sich die arbeitsrechtlichen Gegebenheiten im Homeoffice grundsätzlich nicht von jenen im Normalbetrieb unterscheiden (müssen), auch im Bereich des Arbeitszeitrechts können die Regelungen zu Arbeitsbeginn und -ende, Pausenhaltung und täglicher Ruhezeit unverändert gelten.

Wie sieht es mit den Rechten und Pflichten aus?

Hat der Arbeitnehmer durch die Arbeit vom Wohnort aus Mehrkosten zu tragen, sind diese vom Arbeitgeber zu ersetzen, dies ergibt sich aus § 1014 ABGB. Mehrkosten können etwa Kosten für den Internetanschluss oder den Drucker sein.

Mangels diesbezüglicher Ausnahmeregelung ist ein Kostenersatz aktuell als Entgelt zu sehen, es besteht also Abgabenpflicht. Über etwaige (abgabenfreie) Pauschalsätze wird derzeit dem Vernehmen nach verhandelt.

Die technische Ausstattung muss jedoch der Arbeitgeber bereitstellen, was aber insbesondere aus datenschutzrechtlichen Gründen auch im Interesse des Arbeitgebers ist, doch dazu später. Die Verpflichtung zur Bereitstellung eines Schreibtisches oder -sessels besteht nicht.

Der Arbeitgeber hat auch im Homeoffice ein Kontrollrecht, sodass Leistungsnachweise eingefordert werden können und eine allgemeine Kontaktaufnahme mit dem Arbeitnehmer während der vereinbarten Arbeitszeiten stattfinden darf. Der Arbeitgeber hat aber auch weiterhin seiner allgemeinen Fürsorgepflicht nachzukommen.

Der Arbeitnehmer hat auch bei der Arbeit vom Wohnort aus Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankenstand, Urlaub und persönliche Dienstverhinderung. In all den genannten Nichtleistungszeiten besteht auch im Homeoffice keine Pflicht zur Arbeitsleistung, ebenso ist eine Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber höchst kritisch zu sehen, so der OGH in einer Entscheidung zur Erreichbarkeitspflicht während eines Krankenstandes (OGH 26.11.2013, 9 ObA 115/13x).

Bedarf es einer Homeoffice-Vereinbarung?

Während der Massenquarantäne ging man in Fachkreisen überwiegend davon aus, dass die einseitige Anordnung von Homeoffice durch den Arbeitgeber aus der Treuepflicht abgeleitet werden konnte. Zumal es sich um eine beispiellose Ausnahmesituation handelte, blieb hier freilich ein Diskussionsspielraum.

Aus Arbeitgebersicht sprach bei Bereitstellung der technischen Ausrüstung und Vergütung etwaiger Mehraufwände nichts dagegen, die vertragliche vereinbarte Arbeitsleistung vom Wohnort aus zu verbringen. Aus Arbeitnehmersicht schien hingegen die Arbeitsleistung insbesondere bei der zeitgleichen Betreuung von Kindern aufgrund der Kindergarten- und Schulschließungen kaum möglich. Zumeist hat man sich wohl in der Mitte dieser beiden Extrempositionen auf einen Modus Vivendi geeinigt.

Soll Homeoffice jedoch in Dauerrecht übergehen oder anlassbezogen im Herbst/Winter vereinbart werden, empfiehlt sich jedenfalls eine schriftliche Vereinbarung, die insbesondere zu Arbeitszeit, Arbeitsort und Kostenersatz regelt, auch eine explizite Kündigungsmöglichkeit der Homeoffice-Möglichkeit empfiehlt sich jedenfalls.

Zu beachten ist, dass einige Kollektivverträge Bestimmungen zur Telearbeit beinhalten und auch Mustervereinbarungen bereitstellen, wie etwa der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte im Gewerbe und Handwerk und in der Dienstleistung.

Welche datenschutzrechtlichen Aspekte sind zu beachten?

Die Datenschutzbehörde hat anlässlich der gegenwärtigen Pandemie ein Informationsblatt zu Homeoffice veröffentlicht, in dem insbesondere auf Datensicherheit und die Gefahren der Cyberkriminalität hingewiesen wurde.

Ganz allgemein ist darauf zu achten, dass betriebliche Daten nicht in fremde Hände gelangen. Dies ist durch ein sicheres Gerät, eine sichere Verbindung, aber auch durch das Schützen vor fremden Blicken bestmöglich zu gewährleiten. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und/oder in diesem Zusammenhang eingetretene Schäden können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, dies ist Arbeitnehmern jedenfalls bewusst zu machen.

Was gilt es weiters zu beachten?

Obwohl Telearbeit allgemein nicht neu ist und teilweise bereits in den 1990er-Jahren möglich war, erlebte es in Österreich bis zur Massenquarantäne 2020 keinen Durchbruch. Der Gesetzgeber wird sich hier überlegen müssen, wie er langfristig mit steuerfreien Essensgutscheinen, Pendlerpauschale, Kommunalsteuer und vielem mehr umgehen will.

Innerhalb der Europäischen Union hat man sich an die offenen Grenzen gewöhnt, so ist es nicht ungewöhnlich, dass Arbeitnehmer in einem EU-Mitgliedstaat leben und in einem anderen arbeiten. Wird die Tätigkeit eines Arbeitnehmers künftig (überwiegend) von zu Hause verrichtet und befindet dieses in einem anderen EU-Mitgliedstaat als das Unternehmen selbst, dann kann dieser Umstand zur Versicherungspflicht im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers führen. Zu einem diesbezüglichen Sachverhalt entschied der VwGH jüngst (VwGH 8.7.2020, Ra 2020/08/0044). Arbeitet also beispielsweise ein Arbeitnehmer einer österreichischen Firma dauerhaft - und nicht nur vorübergehend - von seinem Wohnort in Ungarn aus, besteht Versicherungspflicht in Ungarn.

Gesetzespaket bisMärz 2021 angekündigt

Homeoffice war während der Massenquarantäne für viele Unternehmen wichtig und (über)lebensnotwendig, dies führte zu einer gestiegenen Akzeptanz bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Viele scheinen nun einen Mehrwert für sich zu erkennen, Homeoffice in das Dauerrecht übergehen zu lassen, was den Gesetzgeber dazu veranlasst hat, ein diesbezügliches Gesetzespaket bis März 2021 präsentieren zu wollen.

Arbeitsrechtlich wird dem Vernehmen nach wenig zu erwarten sein, insbesondere ein Rechtsanspruch scheint kaum denkbar. Jene Rechte und Pflichten, die für die Arbeitserbringung in der Firma gelten, können ja grundsätzlich auch für die Arbeitserbringung am Wohnort gelten. Abweichungen (etwa hinsichtlich Lage der Arbeitszeit) und zusätzliche Bestimmungen (etwa hinsichtlich Vergütung etwaiger Kosten) sollen jedenfalls in einer eigenen Vereinbarung festgehalten werden.

Abgabenrechtlich wird der Gesetzgeber die eine oder andere Schraube drehen müssen, bis März 2021 ist dafür aber wohl ausreichend Zeit.

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