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Transparenz und Qualität statt Vernaderung

Von Martin Schiefer

Recht
Martin Schiefer ist seit mehr als 20 Jahren im Vergaberecht tätig und Experte für Beschaffung. Seine Kanzlei Schiefer Rechtsanwälte hat Büros ins Wien, Salzburg, Graz, Klagenfurt und St. Pölten.
© Renate Medwed

Österreich setzt nicht nur die Mindestvorgaben der EU-Richtlinie zum Whistleblowing um.


Eine Querulantenhotline, ein Vernaderungstool, ein Rachewerkzeug -Whistleblowing löst bei dem ein oder anderen negative Gefühle aus und treibt den Angstschweiß auf die Stirn. Das ist allerdings eine echte Missinterpretation und ein vollkommen falsches Image. Whistblowing ist in erster Linie eine Qualitätssicherungsmaßnahme. Es kann ein exzellentes Kommunikationstool für eine Feedback- und Transparenzkultur sein. Whistleblowing hat das Potenzial, eine objektive Sicht auf eine Organisation zu bekommen und ein Teil einer aktiven, konstruktiven Feedbackkultur zu werden.

Es ist keine triviale Frage, was nun alles unter Whistleblowing fällt: Absprachen, Arbeitnehmerschutz, Umweltverschmutzung, privates Fehlverhalten oder Verleumdung? Klar ist, dass Kartellabsprachen, Umweltschutz- oder Arbeitnehmerschutz-Verletzungen und Verstöße gegen den Datenschutz dazu gehören, bei Gewerberechtsverletzungen, Steuerhinterziehung oder etwa Strafrechtsverstößen ist es nicht ganz so klar. Aber Whistleblowing darf keinesfalls für eine persönliche Racheaktion missbraucht werden. Deshalb braucht es hier ganz dringend Klarheit. Es besteht Handlungsbedarf - formal und emotional.

Zum einen ist Österreich säumig, mit nationalem Recht bei der EU-Whistleblower-Richtlinie endlich zu reagieren, und zum anderen braucht es Aufklärung, was Whistleblowing wirklich ist.

Die Richtlinie der EU soll dafür sorgen, dass Missstände und Vergehen im privaten und öffentlichen Sektor ohne Angst vor Repressalien gemeldet werden können. Das macht Sinn, denn Korruptions- und andere Missstände können in der Praxis am besten Insider aufdecken. Seit Dezember 2021 ist die nationale Umsetzungsfrist für diese Richtlinie abgelaufen. In Österreich gibt es - mit einiger Verspätung - nun auch einen Entwurf für die nationale Gesetzgebung.

Mit dem HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) werden nicht nur die Mindestvorgaben der EU-Whistleblower-Richtlinie umgesetzt: Im österreichischen Fall ist eine Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs nicht nur auf Verstöße gegen Unionsrecht, sondern auch auf Tatbestände des nationalen Korruptionsstrafrechts geplant.

Betroffen davon ist in erster Linie der öffentliche Sektor: Gemeinden und öffentliche Unternehmen sind dazu verpflichtet, ein eigenes Hinweisgebermeldesystem einzurichten. Hier sollte man sich nicht vom anfänglichen Aufwand abschrecken lassen, sondern auf den langfristigen Nutzen schauen. Werden die Hinweisgebersysteme richtig umgesetzt, kann das auch den Unternehmen und Gemeinden zugutekommen. Interne Meldungen ermöglichen einen deutlichen Informationsvorsprung. So müssen Unternehmen nicht erst reagieren, wenn sie durch behördliche Ermittlungen über Rechtsverstöße in ihrer Organisation informiert werden. Sie können schon deutlich früher agieren, Maßnahmen setzen und Anreize zur Erhöhung der unternehmens- bzw. behördeninternen Compliance bieten.

Deshalb ist Whistleblowing keine Geißel und kein Grund, Angst zu haben, sondern eine Chance auf mehr Transparenz und offene Kommunikation.