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Der Mann, der seine Frau abhörte

Von Daniel Bischof

Recht

OGH wies Mann aus Ehewohnung. Er hatte ohne Wissen seiner Frau ein Aufnahmegerät installiert und ihre Haare in einem Labor testen lassen.


Wien. Herr und Frau W. können nicht mehr miteinander. Die Gesprächsbasis des Ehepaares ist zerrüttet. Gegenseitig belastet man sich mit massiven Vorwürfen. Ihr Mann manipuliere die zwei gemeinsamen Kinder, sagt Frau W. Seine Frau sei überfordert, nehme Drogen und könne die Kinder nicht erziehen, meint Herr W. Ein Scheidungsverfahren und ein Pflegschaftsverfahren über die Aufhebung der gemeinsamen Obsorge sind bei einem Tiroler Bezirksgericht anhängig.

Der Fall landete vor dem Ober-sten Gerichtshof (7 Ob 151/17g). Er hatte sich damit zu beschäftigen, ob Herr W. mittels einer einstweiligen Verfügung aus der gemeinsamen Ehewohnung weggewiesen werden konnte. Der Mann hatte im März 2017 in der Küche der Wohnung ein Handy als Aufnahmegerät installiert. Er nahm damit unter anderem Gespräche seiner Frau mit ihrer Mutter und ihrem Anwalt auf. Frau W. wusste nichts davon. Erst Mitte Mai entdeckte sie das Gerät, worauf sie ihren Mann anzeigte.

Außerdem hatte Herr W. Zugriff auf das Handy seiner Frau, da er den Code kannte. Er fotografierte die WhatsApp-Kommunikation mit ihrer Mutter und einem anderen Mann ab und kopierte sie. Weiters beschaffte er sich von einer Haarbüste seiner Frau Haarproben. Die Haare ließ er in einem forensisch-toxikologischen Labor auswerten, um nachzuweisen, dass seine Frau Drogen nahm. All das machte er, ohne dass die Frau Kenntnis davon hatte. Die "Beweismittel" legte er im Pflegschafts- als auch im Scheidungsverfahren vor.

Frau W. fühlt sich seitdem in der Wohnung ständig beobachtet. Sie hat Angst, dass jedes Gespräch aufgezeichnet wird und der Mann in der Wohnung mit seinem Handy herumfotografiert. Ihr neu angeschafftes Smartphone benutzt Frau W. nur eingeschränkt. Denn auch dieses könne "gefilzt" werden, befürchtet sie.

Die Frau beantragte die Wegweisung ihres Mannes aus der Ehewohnung mittels einstweiliger Verfügung. Aufgrund der Abhörmaßnahmen und Beweismittelbeschaffung ihres Mannes leide sie an massiven psychischen Belastungen, so die Frau. Herr W. bestritt das. Die Beeinträchtigungen seiner Frau würden nicht über die mit einem Scheidungsverfahren üblicherweise verbundene nervliche Belastung hinausgehen.

"Unerträgliche Eingriffe"

Das Erstgericht wies den Antrag der Frau ab. Die Beweismittelbeschaffung des Mannes sei möglicherweise strafbar. Zu einer allenfalls auszusprechenden Strafe sei der Mann nicht noch zusätzlich aus der Wohnung zu weisen, meinte das Erstgericht. Gegen dessen Beschluss richtete sich der Rekurs von Frau W. Auch beim Rekursgericht hatte sie keinen Erfolg: Die Erheblichkeitsschwelle sei gerade noch nicht überschritten, so die Begründung. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab als dritte und letzte Instanz dem Revisionsrekurs der Frau Folge.

Die Verhaltensweisen des Mannes "stellen schwerwiegende Vertrauensbrüche und unerträgliche Eingriffe in die Privatsphäre eines Ehegatten dar, die auch im Rahmen eines anhängigen Scheidungsverfahrens keinesfalls zu tolerieren sind", so der OGH. Zudem leide die Frau an vegetativen Beschwerden, für welche das Verhalten des Mannes "offenbar zumindest Mitursache ist". Das Fazit: Frau W. ist das Zusammenleben mit ihrem Mann nicht mehr zumutbar. Der OGH ordnete seine Wegweisung aus der Wohnung an. Er darf nicht mehr dorthin zurückkehren.