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Rüsten für die Pandemie

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Im Umgang mit 2019-nCov ist ein klarer Kopf gefordert.


Im Zeitalter der "großen Gereiztheit" (© Medienwissenschafter Bernhard Pörksen) ist es alles andere als einfach, öffentliche Debatten über komplexe Themen zu führen. Das Coronavirus 2019-nCov ist ein perfektes Beispiel: Die einen weisen darauf hin, dass an der Grippe viel mehr Menschen sterben als am Coronavirus, und halten die Angst vor 2019-nCov für maßlos übertrieben. In Boulevardzeitungen werden Stories über das Coronavirus hingegen mit "Todesvirus"-Headlines übertitelt.

Beides ist unverantwortlich: 2019-nCov ist eine äußerst gefährliche Viruserkrankung: Nach jetzigem Stand gibt es bereits 24.642 gemeldete Fälle, 3223 Menschen sind in einem ernsten Zustand und 493 Menschen sind inzwischen an 2019-nCov verstorben. 2019-nCov ist erst am Anfang und zurzeit lässt sich nicht prognostizieren, wie schlimm es wird. Experten gehen mittlerweile davon aus, dass sich 2019-nCov ziemlich sicher zu einer weltweiten Pandemie ausweiten wird.

Somit ist es verständlich, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organisation) 2019-nCov vor ein paar Tagen zu einer Weltgesundheits-Notlage erklärt hat.

Im Medizinbereich gilt eben: "Prepare for the worst, hope for the best" - Das Beste hoffen, sich aber auf das Schlimmste vorbereiten.

Dieses Prinzip praktizieren auch die Notärzte des Rote Kreuzes, des Samariterbunds oder der Malteser bei ihren Einsätzen. Wenn einem Patienten plötzlich übel geworden ist und es auch nur die geringsten Anzeichen von Kreislaufproblemen gibt, wird unverzüglich ein Elektrokardiogramm angefertigt, um einen Herzinfarkt sofort auszuschließen. Denn in diesem Fall wäre höchste Eile geboten. Wenn sich der Verdacht nicht erhärtet und man es mit einer harmlosen Magenverstimmung zu tun hat, können alle Beteiligten - Notarzt, Patient und Angehörige - aufatmen und die weitere Behandlung stressfreier angehen.

Genauso ist es im Fall 2019-nCov. Man geht mit höchster Vorsicht an die Sache heran, solange man nicht genau weiß, womit man es zu tun hat. Denn über die Übertragbarkeit und Gefährlichkeit des Virus lässt sich derzeit noch nichts verlässlich aussagen. Sicher ist: Auf einen 2019-nCov-Impfstoff muss man noch Monate warten (Gegen die Grippe - Influenza -, die 2018 in Österreich rund 1400 Todesopfer gefordert hat, kann man sich hingegen impfen lassen und sollte das auch tun.)

Hysterie - Stichwort: "Todesvirus" - ist aber ein denkbar schlechter Ratgeber. So führen etwa Einreiseverbote - wie sie die USA zuletzt verhängt haben - dazu, dass die internationale Kooperationsbereitschaft just zu einem Zeitpunkt abnimmt, an dem Zusammenarbeit am dringendsten benötigt wird.