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Umdenken der Ölkonzerne

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Wird die Börse zur Verbündeten von Greta Thunberg?


Bernard Looney, Chef des viertgrößten Ölkonzerns BP, hat vor kurzem mit einem Statement aufhorchen lassen: Das 111 Jahre alte Unternehmen müsse sich "neu erfinden", sagte er bei einer Rede, und viel mehr in Alternativenergie investieren. "Das Kohlenstoffbudget der Welt ist endlich und es läuft uns schnell die Zeit davon. Wir brauchen einen raschen Wandel hin zu einer emissionsfreien Welt." Dafür werde man Billionen von Dollar investieren müssen, "um die Rohre und Leitungen des Weltenergiesystems neu zu verlegen".

Dass Klimaaktivisten wie Greta Thunberg das fordern, ist nichts Neues, dass aber ein Spitzenmanager eines Ölkonzerns so etwas sagt, ist schon bemerkenswert.

Und tatsächlich: Die Branche hat ein Problem.

Und zwar mit Marktteilnehmern, die längerfristige Investitionsmöglichkeiten suchen. Aus heutiger Sicht scheinen vielen institutionellen Anlegern Kauf-Orders für Titel von Energiekonzernen, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen anbieten, Elektroautobauern oder Solar-, Wind- und Wasserkraftanlagenherstellern sinnvoller als Aktien von Shell, Total, Exxon oder eben BP.

Wer weiß, ob das Produkt, auf dem der Erfolg dieser Unternehmen basiert, in 15 oder 20 Jahren noch denselben Stellenwert haben wird, wie das heute der Fall ist?

BP-CEO Looney ist übrigens nicht der erste BP-Konzernchef, von dem solche Töne zu hören sind. John Browne of Madingley, einer seiner Vorgänger, ließ das Firmen-Akronym sogar auf "Beyond Petroleum" umdeuten. Browne hatte bereits im Mai 1997 ähnlich geklungen wie Looney. Er hatte damals Investitionen von rund einer Milliarde Dollar in Solarenergie angekündigt.

Die Umweltschützer waren damals skeptisch und sind es auch heute.

Denn BP bleibt die Antwort darauf schuldig, wie genau denn der Transformationsprozess des Weltenergiesystems gelingen soll.

Was Greenpeace & Co aber freuen sollte: Die Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel sind eben längst nicht nur die jungen Idealisten, die am Freitag auf die Straße gehen, weil sie sich um die Zukunft des Planeten sorgen, sondern auch die pragmatischen Pensionsfonds- und Versicherungskonzern-Manager mittleren Alters, denen es um die Zukunft ihres Portfolios geht.

Die Börsianer haben längst begonnen, die Geldströme umzulenken: Wie sonst ist es zu erklären, dass der US-Elektroautohersteller Tesla 100 Milliarden Dollar - und damit um 10 Milliarden Dollar mehr als Volkswagen - wert ist?

Vom früheren - heute 90-jährigen - saudischen Ölminister und Opec-Schwergewicht Scheich Zaki Yamani ist eine Warnung an seine Opec-Ölministerzeitgenossen überliefert: Die Steinzeit sei auch nicht aus einem Mangel an Steinen zu Ende gegangen.