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Lernen wir aus Covid-19

Von Bernd Vasari

Leitartikel

Wir stehen an einem Scheideweg. Der eine Weg führt in eine bessere, der andere in eine schlechtere Welt.


"Es gab schon Schlimmeres als Covid-19" - "die Menschheit hat schon ähnliche Schocks erlebt: Pandemien, Weltwirtschaftskrisen, soziale Spannungen, Kriege" - "Die Volkswirtschaften werden sich auch dieses Mal erholen"

Es gibt genügend Stimmen, die den Status quo erhalten wollen. Die darauf hinweisen, dass es uns noch nie so gut ging, wie heute.

Das stimmt auch, wenn man sich die Schlüsselfaktoren ansieht, die unser Wohlergehen messen: Lebenserwartung, Alphabetisierungsrate, das Pro-Kopf-BIP. Diese Faktoren haben sich tatsächlich im Durchschnitt verbessert. Sie sind eine statistische Realität.

Sie sind aber für jene Menschen bedeutungslos, die von diesen Verbesserungen nicht profitieren. Dass die heutige Welt besser ist, kann daher nicht als Entschuldigung dienen. Als Entschuldigung dafür, dass die vielen Krankheiten unseres Wirtschaftssystems, die diese Menschen weiterhin betreffen, nicht behoben werden sollten.

Massentierhaltung, Umweltzerstörung, Ausbeutung. Covid-19 hat sein Schlaglicht auf alles geworfen, was schiefläuft, legte unsere Schwächen offen, hält uns den Spiegel vor. Doch wie geht es weiter?

Wir stehen an einem Scheideweg. Ein Weg führt uns in eine bessere Welt: Gerechter und respektvoller gegenüber der Natur. Mit dem Neustart der Volkswirtschaften besteht die Möglichkeit, eine größere gesellschaftliche Gleichheit und Nachhaltigkeit in den Aufschwung einzubetten, den Fortschritt in Richtung der Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 zu beschleunigen, anstatt ihn zu verzögern und eine neue Ära des Wohlstands einzuleiten.

Der andere Weg führt uns jedoch in eine andere Welt. Einer Welt, die derjenigen ähnelt, die wir gerade zurückgelassen haben. Nur schlimmer und von bösen Überraschungen verfolgt. Dabei besteht ein sehr reales Risiko, dass die Welt morgen noch gespaltener, nationalistischer und konfliktanfälliger sein wird als heute.

Angesichts der wirtschaftlichen Notreaktionen auf die Pandemie gibt es ein Fenster, in dem institutionelle Änderungen und politische Entscheidungen getroffen werden können. Für ein System, das aber auch alles bietet, was es braucht, um seine eigenen Defizite zu beheben.

In diesem seltenen, aber engen Zeitfenster gibt es nun die Möglichkeit unsere Welt zu reflektieren, neu zu definieren und neu aufzubauen. Unfassbare Gelder werden in die Hand genommen. Nur was stützen wir damit? Ein profitgieriges System oder einen grundlegenden Neustart? Wir haben die einmalige Chance etwas zu bewegen.

Hin zu einer nachhaltigen, gerechteren, grünen Zukunft. Wir sollten sie nutzen!