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Im Sumpf

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Das Volksbegehren ist ein Aufschrei: Mani pulite!


Ein Skandal, der die Republik erschüttert und den Bundespräsidenten auf den Plan ruft: "Sumpfblüten können unauffällig nur in einem Sumpfe wachsen. Beginnen wir also überall mit der Trockenlegung der Sümpfe und nehmen wir (. . .) gleich die sauren Wiesen dazu." Nein, es geht nicht um die Schredderaffäre, die Casinos-Affäre, die Öbag-Vorstandsbestellung, Whatsapp-Nachrichten oder die Weigerung eines Finanzministers, Akten an den Untersuchungsausschuss zu liefern.

Nein. Das "Sümpfe und saure Wiesen"-Zitat ist fast 41 Jahre alt und stammt vom damaligen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger, der in einer Rede Konsequenzen aus dem seinerzeitigen AKH-Skandal forderte: Diese gab es dann auch, der Fall wurde im bis dahin größten Korruptionsverfahren der Zweiten Republik (es ging um Schmiergeld) aufgearbeitet, der Hauptangeklagte wurde zu neun Jahren Haft verurteilt.

Ein grüner Bundespräsident Alexander Van der Bellen würde auch das "Sümpfe und saure Wiesen"-Sprachbild nie und nimmer bemühen, denn Feuchtwiesen legt man heutzutage nicht trocken, sondern stellt sie im Gegenteil unter Naturschutz.

Die Allegorie mag also unaktuell sein, das Thema Korruption ist es leider keineswegs - auch wenn das, worüber derzeit in dieser Republik debattiert wird, (noch) nicht einmal im Anklagestadium ist.

Dennoch: "Es braucht Reformen, weil Korruption den Rechtsstaat untergräbt", sagte der frühere Vorsitzende der Internationalen Antikorruptionsakademie, Martin Kreutner, bei der Vorstellung eines Volksbegehrens gegen Korruption. Kreutner ist einer in einer ganzen Reihe honoriger Persönlichkeiten, die mit diesem Volksbegehren unter anderem auf die Angriffe von Teilen der ÖVP auf die Justiz reagieren.

Das Volksbegehren ist ein Aufschrei: "Mani pulite!" ("Saubere Hände") - ein Ruf nach Sauberkeit, Anstand und Korrektheit. Rechtsstaatlichkeit, Justiz und Parlament sollen nach dem Willen der Initiatoren gestärkt, moderne Antikorruptions- und Transparenzgesetze auf den Weg gebracht werden. Qualitätsmedien sollen gefördert und die "Inseratenkorruption" für den Boulevard gestoppt werden. Transparente Postenbesetzungen und Parteispenden sind weitere Forderungen. All das ist grundvernünftig.

Denn laut jüngsten Erhebungen von Transparency International liegt Österreich in puncto Korruption über dem EU-Schnitt. Auf Ibiza und in Whatsapp-Chats haben Politiker demonstriert, wie sie denken und handeln, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Wie soll man so einer "classe politique" vertrauen? Demokratie braucht aber Vertrauen: in die Institutionen und in die politische Klasse. Es zeigt sich: Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser.