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Das ungleiche Duell

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Die Chance der Schiene liegt in der Kostenwahrheit.


Eisenbahnfreunde sind entzückt über die Renaissance des Schienenverkehrs: Der Nightjet fährt ab dem Winterfahrplan wieder Wien-Paris-Wien. Sowohl beim Personen- wie beim Gütertransport wird die Eisenbahn einen wichtigen Beitrag leisten, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.

Denn der Verkehr liegt - was den CO2-Ausstoß betrifft - nach den Sektoren Energieerzeugung und Industrie in Österreich an zweiter Stelle.

In den vergangenen Jahren wurden in Österreich aber von den Auspuffen der Fahrzeuge mehr Treibhausgase in die Luft geblasen und nicht weniger. Eine Trendumkehr ist also dringend nötig.

Aber wie bringt man den Verkehr auf Schiene?

Im Personenverkehr wird es darum gehen, Gebiete außerhalb der urbanen Ballungszentren besser an die Hauptverkehrsadern anzuknüpfen und die Angebote zu verdichten und zu verbessern.

Im Güterverkehr braucht es vor allem mehr Effizienz. Die EU ringt seit Jahren um die Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (Single European Railway Area).

Die digitale automatische Zugkupplung ist eine jener technischen Lösungen, die deutliche Verbesserungen mit sich bringen wird. Mit dieser Technologie wird es möglich, das Zusammenstellen der Güterzüge zu automatisieren, die gefährlichen Verschubarbeiten könnten weitgehend eliminiert werden.

Das größte Hindernis auf dem Weg, den Güterverkehr vom Lkw auf die Eisenbahn umzulenken, liegt in der fehlenden Kostenwahrheit, wie Bernd Winter von der ÖBB gegenüber der "Wiener Zeitung" betont: "Beim Lkw-Transport wird ein Teil der Kosten einfach externalisiert - das bedeutet, auf die Allgemeinheit

abgewälzt."

Winter spricht damit den Kern des Problems an: Während der Transport mit dem Lkw betriebswirtschaftlich Vorteile bringen mag, wäre aus volkswirtschaftlicher Perspektive ein Transport mit der Eisenbahn vorteilhafter.

Um den Umstieg zu schaffen, muss endlich Waffengleichheit im ungleichen Duell zwischen Schiene und Straße hergestellt werden: Beim Auto- und Lkw-Verkehr müssen nach dem Verursacherprinzip Straßenbenützung, Flächenverbrauch, CO2-Belastung, Feinstaub- und Lärmbelastung eingepreist werden, die bessere Eisenbahn-Anbindung von Industrie- und Gewerbegebieten ans Schienennetz sollte im Gegenzug gefördert werden. Ziel sollte es sein, dass zukünftig nur mehr die "first and last mile", mit dem Transport-Lkw gefahren werden muss. Die ÖBB ist ein starker internationaler Player, Österreich ist eine Eisenbahntechnologie-Großmacht: Für Österreich bietet sich bei dieser Verkehrsinfrastruktur-Transformation eine Riesenchance.