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Die Schuld der Schwurbler

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Impfzauderer verlängern mit ihrem Zögern die Pandemie.


Populismus kann Ihre Gesundheit gefährden - dieses Statement kann nun empirisch unterfüttert werden. Kanzler Alexander Schallenberg wies am Dienstag darauf hin, dass dort, wo die FPÖ ein Mitspracherecht habe, sich eine extrem niedrige Impfquote zeige, wie man beobachten könne, wenn man die politische Landkarte und die Impflandkarte übereinanderlege. In Österreich gebe es im Gegensatz zu anderen EU-Staaten mit höherer Impfquote leider "eine politische Kraft im Land", die gegen die Impfungen ankämpfe, "die das verteufelt".

Tatsächlich ist es bemerkenswert, wie FPÖ-Chef Herbert Kickl, in dessen Bildungsweg wenig darauf hindeutet, dass er nennenswerte Kompetenzen in den Naturwissenschaften erlangt hat, "Impfexperimente" verteufelt, gleichzeitig aber keine Probleme damit hat, dass Medikamentenexperimente durchgeführt werden. Zuletzt hat er beispielsweise das Anti-Wurm-Präparat Ivermectin empfohlen, das in der Veterinärmedizin bei Pferden, Schafen und Schweinen zum Einsatz kommt. Aussagekräftige klinischen Studien, die auf eine Wirksamkeit bei der Behandlung von Covid-19 hindeuten würden, findet man zu Ivermectin keine. Vergiftungszentralen in den USA bemerkten zuletzt aber einen Anstieg von Patienten, die mit Vergiftungserscheinungen wegen einer Überdosis des Tiermedikaments ins Spital mussten.

Zur Erinnerung: Zu den weltweit verwendeten Impfseren gibt es eine Fülle von klinischen Studien. Bis dato wurden 6,9 Milliarden Impfdosen weltweit verabreicht - die Impfung wirkt. Die Pandemie ist zum jetzigen Zeitpunkt vor allem eine Pandemie der Ungeimpften. Um es klar zu sagen: Die Impfzauderer verlängern mit ihrem Zögern die Pandemie. Österreich ist in Sachen Impfung ohnehin voll Ost - denn nur in Osteuropa (und der Schweiz) ist die Impfbereitschaft noch mieser. Außerhalb Europas finden sich sogar in Ländern wie der Türkei, Brasilien, Kambodscha oder Turkmenistan mehr Impfwillige als in Österreich.

Doch man macht es sich zu einfach, wenn man die Schuld an der Impfmüdigkeit allein der FPÖ, Servus TV oder der neuen Corona-Schwurbler-Partei MFG zuschiebt: Der Politik fehlte es seit Monaten an Leadership. Verwirrende politische Signale, keine klaren Ansagen und Föderalismuswirrwarr haben der Impfkampagne zweifellos geschadet. Dazu kam - welch Déjà vu - die Normalitätsfalle, in die viele auch 2021 tappten. Zu glauben, die Pandemie würde über den Sommer einfach verschwinden und die Impfung würde überflüssig, war naiv. Nun ist die Zeit für klare Ansagen. Die Schwurbler und Scharlatane tragen eine schwere Last der Schuld: Sie sind mitverantwortlich für vermeidbare schwere Krankheitsverläufe und sogar Covid-19-Sterbefälle.