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Der unbewohnbare Planet

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Viel Hoffnung auf Erfolg der Klimakonferenz gibt es nicht.


Zuerst die schlechte Nachricht: Laut einer Studie eines internationalen Forschungsteams mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern aus China, Europa und den USA könnten bis zum Jahr 2070 rund drei Milliarden von den dann rund neun Milliarden Menschen auf unserem Planeten mit Temperaturen, wie sie jetzt in den heißesten Regionen der Sahara herrschen, zu kämpfen haben.

Die gute Nachricht: Gute Nachricht? Fehlanzeige. Denn um zu verhindern, dass weite Teile der Erde schon zum Ende dieses Jahrhunderts praktisch unbewohnbar werden, müssten sich die politischen Eliten, die sich nun bei der Conference of Parties (COP26) in Glasgow versammelt haben, rasch auf drastische Maßnahmen zur CO2-Reduktion einigen.

Diese und kommende Woche geht es bei der UN-Weltklimakonferenz in Schottland darum, wie der Temperaturanstieg auf der Erde auf maximal 2 Grad - idealerweise aber 1,5 Grad - begrenzt werden kann. Dazu braucht es einen Wandel des globalen Energieregimes. Die Menschheit steht vor der größten Umwälzung der Weltwirtschaft seit der Erfindung der Dampfmaschine. Seit dem 18. Jahrhundert hat die Menschheit mit dem Verbrennen von Kohle und später Öl und Gas CO2 in die Atmosphäre geblasen. Damit brennt sie sich drei Millionen Jahre in die Vergangenheit zurück, als das letzte Mal derartige Kohlendioxid-Konzentrationen in der Erdatmosphäre vorhanden waren. Man stelle sich vor: Vor 100 Millionen Jahren herrschten in der Antarktis tropische Verhältnisse.

Die Lösung kann also nur sein, Sonnenenergie in Zukunft direkt - und nicht mehr über den Umweg des Verbrennens von Kohle und Kohlenwasserstoffverbindungen (wie Öl und Gas) - zu nutzen. Jene Staaten, die vom Kohlenwasserstoffzeitalter am meisten profitiert haben - Europa, die USA, China und Russland sowie die Kohle und Öl produzierenden Länder -, haben nun die Verantwortung, ärmeren Ländern beim Energieregimewechsel in Richtung erneuerbarer Energiequellen finanziell und technologisch unter die Arme zu greifen. Überlegenswert ist es auch, Öl- und Kohlekonzerne zur Kasse zu bitten. Denn in den Rohstoff, mit dem diese Konzerne unvorstellbare Profite erwirtschaftet haben, waren die Folgekosten des Kohlendioxids nicht eingepreist. Daran ersieht man: Das Preissystem - eine der zentralen Säulen des Kapitalismus - braucht eine Totalreform.

Viel Hoffnung, dass den Verantwortlichen in Glasgow die Dringlichkeit der drohenden Klimakatastrophe ins Bewusstsein dringt, gibt es nicht - die nächsten Generationen erwartet die Horrorvision einer unbewohnbaren Erde, wie sie David Wallace-Wells in seinem lesenswerten Buch an die Wand malt.