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Raabs Herausforderungen

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Die Vorgänger der Medienministerin sind gescheitert. Österreichs Struktur der Öffentlichkeit braucht Reformen.


Wenn von Sozial-, Wirtschafts- oder Umweltpolitik die Rede ist, dann geht es in der Regel um die absichtsvolle Umsetzung konkreter inhaltlicher Ziele; manchmal steht auch bloß das Verhindern anderer Absichten im Vordergrund. Nur Medienpolitik funktioniert in Österreich anders.

Von einem absichtsvollen Agieren, das sich von inhaltlichen (Wert-)Vorstellungen ableitet, kann seit Jahrzehnten keine Rede sein. Daraus zu schließen, die Politik hätte keine Interessen verfolgt, wäre aber ein Missverständnis. Es waren nur keine medienpolitischen Interessen, sondern vorwiegend rein machtpolitische.

Entsprechend groß sind die Baustellen und Verzerrungen, die Susanne Raab, seit Anfang Jänner die zuständige Medienministerin, von der langen Liste ihrer - ausschließlich männlichen - Vorgänger geerbt hat.

Raab hat die Steuerungshoheit über eine hochkomplexe, partei- und interessenpolitisch heftig umstrittene, aber demokratiepolitisch existenzielle Materie übernommen. Diese reicht von der notwendigen Neuaufstellung von Medienförderung und öffentlicher Inseratenvergabe, deren Mittel teils Machtinteressen bedienen, teils versteckte Förderung sind und teils echtem Informationsbedarf entspringen, bis hin zu einem fairen, dafür fast unmöglichen Interessenausgleich zwischen einem dominanten ORF und privaten Medienanbietern, die um ihr Überleben bangen. Nichts davon ist trivial, nichts davon ist einfach. Das Ziel, alle berechtigten Interessen unter einen Hut zu bringen, gleicht der Quadratur des Kreises. Und das, obwohl die größten Konkurrenten heimischer Medien weit jenseits der engen Grenzen der Alpenrepublik liegen und seltsame Name wie Metaverse (Facebook, Instagram, WhatsApp) und Alphabet (Google, YouTube) tragen.

Österreich ist ein kleines Land. Ohne öffentliche Mittel kann kaum ein Geschäftsmodell überleben, schon gar nicht jene, die auf inhaltliche Qualität und redaktionelle Unabhängigkeit setzen. Ohne diese Eigenschaften ist keine offene Gesellschaft, keine intakte Demokratie zu haben, die beide auf funktionierende Instanzen der umfassenden Machtkontrolle angewiesen sind.

Öffentliche Förderungen stehen für manche im Widerspruch zu diesen Aufgaben, zu diesem Verständnis von Medien. Doch ohne diese Hilfe hätte Österreichs Demokratie keinen eigenen Resonanzraum, keine von Pluralität und Qualität durchzogene Öffentlichkeit, sondern wäre bloßes Anhängsel globaler Konzerne. Daran lässt sich die Größe von Raabs Aufgaben ermessen, zu denen auch eine gute Zukunft der "Wiener Zeitung" zählt.