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Vermögen fair besteuern

Von Martina Madner

Leitartikel

Solidarität mit Reichen ist in dieser Krise noch weniger erklärbar als in der Finanzkrise.


Die klitzekleine Minderheit in Österreich, die von einer Steuerlücke profitiert, scheint noch kleiner zu sein als bisher gedacht: Eine Studie der Nationalbank zeigt, dass das reichste Prozent der Bevölkerung nicht "nur" ein Viertel des gesamten Vermögens besitzt. Sondern: "Sämtliche

Informationen deuten darauf hin", dass der Anteil des reichsten Prozents der Haushalte am Nettovermögen Österreichs "tatsächlich bei etwa 50 Prozent liegt".

Die SPÖ und mehrere Gewerkschaften fordern erneut "Steuern auf große Vermögen und Erbschaften" für mehr Gerechtigkeit. Die ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund sieht darin wieder eine "Spaltung der Gesellschaft": Mit einem neuerlichen "Nein zu neuen Steuern!" trete man gegen "Drangsalierungswünsche der Steuerzahler von Seiten des ÖGB" und der SPÖ ein.

Die gesamte Bevölkerung bezahlt bei Einkäufen Mehrwertsteuern, die meisten darüber hinaus Lohn- und Einkommenssteuern oder Einkünfte aus Unternehmen. Anders als in der Finanzkrise verlieren die meisten Vermögenden dieses Mal nicht einmal vorübergehend Geld wegen Wertverlusten bei Immobilien oder Wertpapieren.

Trotzdem hat die Leistung von Volkspartei und Freiheitlichen Bestand: Eine satte Mehrheit von Nicht-Reichen ist weiterhin davon überzeugt, selbst mit extrem Vermögenden solidarisch zu sein und Vermögens- wie Erbschaftssteuern abzulehnen.

Dabei könnten Reiche darüber - bei klar definierten Ausnahmen etwa für Unternehmensnachfolgen oder das selbst bewohnte Haus oder Vermögen in einem Wert von unter einer Million Euro - einen solidarischen Beitrag zu den Krisenkosten leisten.

Zur Leistung gehört auch, sich gegen die dafür notwendige Transparenz zu stemmen: Müssten auch Reiche ihr Vermögen offenlegen, würden alle zu "gläsernen Bürgern", denen der Staat oder Brüssel "ungeniert in die Taschen schauen" könnte (O-Ton Harald Vilimsky, FPÖ). Man stelle sich vor, man würde bei jenen, die Sozialleistungen beziehen, oder bei Einkommenssteuerpflichtigen so argumentieren. Für anonyme Sparbücher in der Vergangenheit oder immer noch das Bankgeheimnis muss ebenfalls die gesamte Bevölkerung herhalten. Als ob diese der Schaden durch Steuerhinterziehung und illegale Geschäfte, die damit leichter verschleiert werden können, nicht teurer zu stehen käme.

Was der Wirtschaftsbund übrigens auch dieses Mal nicht erwähnt: In zahlreichen EU- und OECD-Ländern haben die Vermögenden weit weniger Steuerprivilegien als in Österreich und tragen deshalb mehr zum Allgemeinwohl bei.