Zum Hauptinhalt springen

Das IOC ist der Hebel

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

Mit Olympia ist es wie mit allen großen Ideen: Oft ist es vernünftig, die Botschaft vom Botschafter zu trennen.


Die ganze Welt scheint im Umbruch: In Deutschland überlegt die neue Ampel-Koalition einen Bruch mit der traditionellen Linie des Ausgleichs mit Russland, Polens Präsident deutet ein Einlenken im Streit mit der EU über die Rechtsstaatlichkeit an, und in Österreich will künftig jede Partei allen geheimen Absprachen abschwören.

Wirklich die ganze Welt? Nein. Am Freitag werden die Olympischen Spiele mit China einmal mehr in einem Gastgeberland ausgetragen, das eine sehr eigenwillige Interpretation des olympischen Gedankens einer in Frieden und Zusammenarbeit vereinten Welt verfolgt. Das war schon im Sommer 2008 mit Olympia in Peking und im Winter 2014 im russischen Sotschi der Fall. Der Weltfußball tickt da ganz ähnlich.

Mit Olympia ist es wie mit allen großen Ideen: Oft ist es vernünftig, die Botschaft vom Botschafter zu trennen, das gilt für die Kirchen wie für Parteien oder Organisationen wie das Internationale Olympische Komitee. Die Idee ist unbefleckt, was von den irdischen Repräsentanten nur selten behauptet werden kann.

Es ist kein ganz falscher Gedanke, mit einer Botschaft von Frieden und Menschenwürde dorthin zu gehen, wo diese Werte einen schweren Stand haben. Es ist ja auch sinnvoller, vor Sündern zu predigen, als vor Heiligen. Selbst die Vorstellung, dass es einen Begegnungsraum gibt, der politische und ideologische Konflikte ausklammert, kann einen Beitrag zum besseren wechselseitigen Verständnis leisten. Von daher die Absage an jede Politisierung.

In diesem Spannungsfeld hat sich das IOC für einen dritten Weg entschieden. Die gnadenlose Ökonomisierung der olympischen Idee und aller Vertriebskanäle hat die Vergabe in ein Freispiel für die Meistbietenden verwandelt. Und die Meistbietenden sind heutzutage verlässlich jene, die mit ihrer Investition noch mehr Gewinne anstreben oder eben anderweitige, zuvorderst politische Ziele verfolgen. Und weil das IOC dafür gesorgt hat, dass das Komitee allein an den Spielen Geld verdient, müssen die gigantischen Investitionen für die Gastländer eben eine politische Rendite abwerfen.

Boykotte ändern daran wenig, weil Staaten wie China, Russland und andere auf die Kraft der sportlichen Bilder vertrauen können. Spätestens wenn es um Gold, Silber, Bronze oder Blech geht, denken die Zuschauer vor den Mediengeräten nicht mehr an Politik oder Geld. Darin liegt das große Potenzial des Sports wie auch der mächtigste Hebel des IOC. Wer daran etwas ändern will, muss auf das IOC zielen. China nutzt nur die Bühne, die andere ihm anbieten.