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Die Idee der Milliardärin

Von Edwin Baumgartner

Leitartikel
"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

Staaten sind gut im Bewahren. Sammeln aber ist eine Sache der Individualität.


Milliardärinnen kommen auf Ideen! - Claire Zachanassian kaufte eine ganze Ortschaft, um ihre Rache ausleben zu können.

Heidi Horten eröffnet in Wien am heutigen Freitag ihr Privatmuseum. Untergebracht ist die Heidi-Horten-Collection im Palais Goëss-Horten im Hanuschhof gegenüber der Albertina.

Den privaten Sammlern ist ein Loblied zu singen. Staaten sind oft gut im Bewahren. Sammeln aber ist eine Sache der Individualität. Daher gehen alle bedeutenden Sammlungen auf die Leidenschaft einzelner Personen oder Familien zurück. Nur im Bewusstsein ist das nicht präsent. Kaum jemand denkt im Kunsthistorischen Museum und im Belvedere die Sammelleidenschaft der Habsburger-Kaiser und des Adels mit, kaum jemand in der Albertina die von Albert Kasimir von Sachsen-Teschen.

Immer wieder haben, gerade in Österreich, Privatpersonen durch ihre Sammeltätigkeit der Kunst ein sicheres Fundament gegossen: Karlheinz Essls Verdienste werden keineswegs durch die finanziellen Probleme geschmälert, die ihn nötigten, seine Sammlung zu veräußern. Umstritten war Rudolf Leopold - unumstritten ist, dass er Egon Schiele als einen zentralen Maler des 20. Jahrhunderts auf die kunstgeschichtliche Landkarte brachte und dessen Hauptwerke für Österreich sicherte. Das sind nur zwei Beispiele für den Vorzug eines privaten Sammelns, das ganz und gar vom persönlichen Geschmack diktiert sein darf.

Es geht aber noch weiter: Dass Klaus Albrecht Schröder die staatliche Albertina durchaus mit dem Impetus des privaten Kunstbesessenen führt, hat dieses Haus zu einem der ersten weltweit gemacht. Nur so kann man eine Sammlung Batliner (Achtung: Privatsammlung!) sichern.

Und nun also in Blickweite der Albertina, und kein Platz könnte besser geeignet sein, die Heidi-Horten-Collection: Die Unterbringung im eigenen Museum ist ideal. Denn jede Sammlung von Kunstwerken ist für sich ein Kunstwerk. Sie spiegelt die Persönlichkeit der Sammlerin oder des Sammlers wider. Sammeln von Kunstwerken nämlich ist, nur auf einer unterschiedlichen Ebene, ebenso ein Talent wie Malen, Zeichnen, Skulpturen oder sonst ein Kunstwerk zu schaffen.

Und um dem im Raum stehenden Vorwurf zuvorzukommen: Ja, man braucht Geld dafür; ja: Heidi Horten hat das Geld. Aber andere Milliardärinnen und Milliardäre geben ihr Geld nur für Anwesen, Flugzeuge, Yachten und ähnlichen Luxus aus und Claire Zachanassian sogar für Rache. Heidi Horten kauft dafür Kunst, die sie nun öffentlich zugänglich macht. Wahrlich: Milliardärinnen kommen auf Ideen! - Über manche kann man sich auch als normaler Bürger richtig freuen.