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Die Macht und das Licht

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Jahrzehnte der Macht prägen. Wien ist da nicht nur nicht anders, sondern sogar exemplarisch.


Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis in der Causa Wien Energie zumindest, was die Fakten angeht, Klarheit besteht. Diesbezüglich waren die bisherigen politischen Wortmeldungen nur begrenzt hilfreich: Was für die SPÖ in Wien und im Bund einen völlig normalen Vorgang und eine Folge höherer, weil wildgewordener Märkte darstellt, ist für den Rest der Republik - inklusive zahlreicher politisch unabhängiger Experten - eine zumindest dubiose Causa, wenn nicht gar ein handfester Skandal.

Es bleibt abzuwarten, wie das Urteil der neutralen Prüfinstanzen dazu ausfällt. Dann wird auch die Frage nach politischen, juristischen und unternehmensinternen Konsequenzen zu stellen sein. Die Steuerzahler werden es mit Spannung beobachten, sie sind mit womöglich bis zu 10 Milliarden Euro in der Ziehung.

Wenn allerdings sogar die Neos, der ansonsten recht handzahme Juniorpartner der Wiener SPÖ in der Stadtregierung, die Vorgänge "untragbar" nennen, macht dies deutlich, dass die demonstrativ zur Schau gestellte Gelassenheit von Bürgermeister Michael Ludwig auch unter Verbündeten auf Widerspruch stößt. Der Bürgermeister hat unter Rückgriff auf seine Notkompetenzen zweimal 700 Millionen Euro - die erste Tranche am 15. Juli, die zweite am 29. August - als Darlehen an die Wien Energie zur Sicherung der offensichtlich akut gefährdeten Liquidität überwiesen. Und das, ohne auch nur ein Sterbenswörtchen dem eigenen Regierungspartner gegenüber zu verlieren. Das ist starker Tobak für die Neos.

Tatsächlich dürfte das den formalen Vorgaben der Wiener Stadtverfassung entsprechen, weil diese den Bürgermeister zum republikanischen Monarchen adeln. Zwar ist in Sachen Notkompetenzen von einer "unverzüglichen" Information der Organe die Rede, was im umgangssprachlichen Sinn ein Synonym für "sofort" ist, hier aber wohl die nächste reguläre Sitzung des Stadtsenats meint, die aufgrund der Sommermonate eben erst im September stattfindet. Die Wiener SPÖ hat ein sehr eigenwilliges Verständnis von Dringlichkeit, Transparenz und Information, wenn es politisch opportun ist.

Jahrzehnte der absoluten Macht, selbst mit einer einmal mehr, einmal weniger lästigen Koalitionsnotwendigkeit an der Seite, gehen nicht spurlos an den Institutionen und Personen vorbei, in keinem Land, in keiner Partei, zumal die formalen Spielregeln ihnen wie auf den Leib geschneidert sind. Wien und seine Mächtigen sind da nicht wesentlich anders, und Intransparenz wie Abschottung der eigenen Einflussbereiche die Mittel zum Zweck.