Vor zehn Jahren war die Welt noch in Ordnung: Beim Treffen des damaligen US-Präsidenten Barack Obama und seines chinesischen Amtskollegen Xi Jinping in Sunnylands, Kalifornien, versicherte Obama Xi, dass der friedliche Aufstieg Chinas ganz im Interesse der USA sei. Der russische Präsident Wladimir Putin war 2013 Gast bei der damaligen deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die damals die gute Zusammenarbeit mit Russland und die deutsch-russische Kooperation betonte.

Die G7 waren damals noch die G8 (mit Russland) und die G20 tagten 2013 in St. Petersburg. Die Welt hat sich inzwischen dramatisch schnell weitergedreht: Aus dem einstigen Partner Russland ist seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 und dem groß angelegten Angriffskrieg auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ein Widersacher geworden. Die Beziehungen zwischen China und den USA sind auf einem Tiefpunkt, in beiden Ländern sprechen hitzköpfige Falken gar von einem möglichen Weltkrieg zwischen beiden Supermächten.

Heute, Freitag, beginnt der Gipfel der G7, der wichtigsten westlichen Wirtschaftsmächte. Die Staats- und Regierungschefs treffen einander in Hiroshima, der Heimatstadt des Gastgebers, des japanischen Premierministers Kishida Fumio. Auf der Tagesordnung steht - wie könnte es anders sein - der Krieg in der Ukraine und wie der Westen den Druck auf Russland erhöhen kann. Dass die erste Atombombe am 6. August 1945 über dem jetzigen G7-Tagungsort Hiroshima gezündet wurde, wird die teilnehmenden Staats- und Regierungschefs daran erinnern, was auf dem Spiel steht. Gleichzeitig wird Japan als einziges asiatisches G7-Mitglied den Krieg in der Ukraine als Mahnung für einen möglichen bewaffneten Konflikt zwischen China und Taiwan darstellen.

Im September findet das Treffen der G20 in Neu-Delhi statt, und während unter den G7 Einigkeit über die Notwendigkeit noch strikterer Sanktionen gegen Russland herrscht, unterhalten viele Regierungen des globalen Südens, die am G20-Treffen teilnehmen, weiter freundschaftliche Beziehungen zum Kreml und profitieren von den westlichen Sanktionen gegen Moskau.

Der Westen will in der wieder erwachten Systemkonkurrenz zwischen Ost und West den Rest der Welt gewinnen - die G7 werden sich anstrengen müssen. Denn die wirtschaftliche Bedeutung der G7 nimmt kontinuierlich ab: von 70 Prozent in den 1970er Jahren auf unter 45 Prozent heute. Auch das politische Gewicht des Westens wog schon einmal schwerer - Donald Trump und der Brexit haben tiefe Schrammen im Bild eines stabilen, rational agierenden Westens hinterlassen. 2023 ist die Welt gar nicht in Ordnung.