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Weiterzündeln in der Ukraine

Von Thomas Seifert

Leitartikel

Das Zündeln in der Ukraine geht weiter: Prorussischen Demonstranten in der ostukrainischen Großstadt Donezk haben eine "souveräne Volksrepublik" ausgerufen, die von Kiew unabhängig sein soll. Die Aktivisten wollen ähnlich wie im Fall der Halbinsel Krim auch eine Aufnahme des Gebiets in die Russische Föderation und bis spätestens 11. Mai darüber abstimmen.

Der ukrainische Übergangsregierungschef Arseni Jazenjuk macht Moskau für die Unruhen verantwortlich. Russland verfolge einen Destabilisierungsplan: Nach Anforderung von Separatisten in der Ostukraine könnten russische Truppen dort einmarschieren, sagte Jazenjuk.

Die Frage ist nun, ob Russlands Präsident Wladimir Putin tatsächlich bereit ist, weiter an der Eskalationsspirale zu drehen: Putin weiß, dass die Ukraine der russischen Armee wenig entgegenzusetzen hätte, die einzig glaubhafte Abschreckung bietet die Aussicht auf weitere von den USA und den Europäern zu verhängende Wirtschaftssanktionen. Reicht dieses Abschreckungspotenzial?

Es ist zu hoffen. Aber Europa muss endlich Geschlossenheit zeigen. Dazu müssen europäische Werte sowie Friede und Sicherheit schwerer wiegen als Wirtschaftsinteressen.

Derzeit bremst in der Sanktionen-Diskussion Großbritannien bei Finanz-Sanktionen, da London zum sicheren Hafen für russische Oligarchen-Milliarden geworden ist. Deutschland und Österreich sind besonders vorsichtig, weil sie von russischen Gaslieferungen abhängig sind und Frankreich verspürt Sanktionen-Unlust, weil dies das Ende von lukrativen Rüstungsgeschäften wäre. Putins Expansionspolitik zu stoppen, wird eben ein Preisschild tragen - das muss den europäischen Regierungseliten bewusst sein, und darauf müssen die Bürger mental vorbereitet werden.

Genauso wichtig ist es, Verständnis dafür zu wecken, dass Energiepolitik auch Sicherheitspolitik ist. Jede Windturbine mehr, die sich in der Parndorfer Heide dreht, bedeutet, dass sich eine mit russischem Gas befeuerte Gasturbine in Wien-Simmering mit weniger Leistung und damit weniger Verbrauch drehen muss. Und auch wenn der Strom aus Parndorf teurer ist als jener aus Simmering: Auch das ist der Preis, den Europa für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung bezahlen muss. Denn wer will schon durch Putins Gaswaffe erpressbar sein?