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Fremdenpolizei?

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Für das Flüchtlings- und Asylwesen sind in Europa die Innenminister zuständig. Flüchtlinge und Asylwerber kommen aber von außen. Das ist kein blödes Wortspiel, sondern zeigt das Dilemma falscher Zuständigkeiten, die bürokratisch erklärbar, aber fatal sind.

Die Innenminister sind die politischen Chefs der Polizei und für die Sicherheit nach innen zuständig. Das ist ihr Selbstverständnis. Der Strom an Flüchtlingen, der sich nach Europa ergießt, ist aber mit Polizeimethoden nicht zu lösen. Denn Flüchtlinge sind keine Verbrecher, nicht einmal Verdächtige. Es geht bloß darum, ihre Identität festzustellen, sie unterzubringen und eventuell Asylanträge aufzunehmen. Fremdenpolizei nennt sich das, und in diesem Wort steckt das ganze Dilemma. Das Fremde benötigt Polizei, ist also per definitionem gefährlich.

Das Gegenteil ist der Fall.

Das Bild des glücklich lachenden Mädchens, das wegen der Hitze von der Feuerwehr im oberösterreichischen Feldkirchen mit einer Wasserparty überrascht wurde, rührte ganz Österreich. So jemand muss polizeilich behandelt werden?

In Traiskirchen werden 4300 Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht, mit all den Reibereien, die das mit sich bringt. Warum?

Weil dafür das Innenministerium zuständig ist.

In der EU wird erfolglos über eine Verteilung der Flüchtlinge diskutiert, aber mit Erfolg werden Kriegsschiffe entsandt und Grenzzäune errichtet. Warum? Weil Innenministerien zuständig sind.

Das ist keine oberflächliche Kritik an allzu abschiebebereiten Brutalo-Polizisten, sondern ein Appell, das Flüchtlings- und Asylwesen in andere Zuständigkeiten zu transferieren.

Warum nicht zum Sozialministerium? Warum nicht überhaupt in die jeweiligen Kanzlerämter der Europäischen Union? Hunderttausende in afrikanischen und arabischen Ländern wollen ihrem Unglück im reichen Europa entkommen. Sie wollen nicht rauben und brandschatzen (letzteres übernehmen vielmehr die Neonazis in Sachsen), sie wollen nur Frieden und einen Job.

Die Zivilgesellschaft tut dafür viel und wird noch viel mehr tun müssen, denn die Zahl der Flüchtlinge wird nicht geringer werden.

Um eine adäquate politische Antwort darauf zu finden, muss Europa diese Kompetenz aber den Innenministern wegnehmen und gesellschaftspolitisch definieren. "Das Fremde" braucht keine Polizei, Verbrechensopfer brauchen sie.