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Generation-Gap

Von Brigitte Pechar

Leitartikel
Brigitte Pechar
© WZ

Zwischen Frauen von 50 plus und deren Töchtern gibt es über die Vorstellung von Feminismus große Auffassungsunterschiede. Teilweise deshalb, weil die Kämpferinnen von damals ein wenig müde geworden sind. Und auch deshalb, weil sie das Gefühl haben, dass die Jugend sich mehr um das Gendern kümmert und weniger die ökonomischen Verhältnisse der Frauen im Blick hat. Das liegt vielleicht daran, dass sie von ihren Müttern (und Vätern) ohnehin sehr gut versorgt werden und heute Ungleichbehandlungen eher vom sozioökonomischen Hintergrund abhängen als vom Geschlecht.

Das Gewaltschutzgesetz samt Wegweiserecht für Täter, das 1997 wirksam wurde, ist das bis dato letzte signifikante Gesetz, das im Sinne der Frauen verabschiedet wurde. Mit diesem Gesetz, das die damalige Frauenministerin Barbara Prammer auf den Weg brachte, gelang Österreich ein Vorzeigeprojekt gegen Gewalt gegen Frauen. Seither wird in der Frauenpolitik der Weg der kleinen Schritte gegangen. Zum Teil, weil die wirklich großen Brocken in den 1970er Jahren erledigt wurden; zum Teil, weil die Frauenorganisationen in den Parteien sehr leise geworden sind und die Autonome Frauenbewegung sich praktisch aufgelöst hat - jedenfalls in der öffentlichen Wahrnehmung. In den 1970er und 1980er Jahren ging es noch um ganz andere Dinge: Die Abschaffung des Paragrafen 144 (Strafbarkeit der Abtreibung) und der Beschluss der Fristenregelung 1975 beflügelten das Selbstbestimmungsrecht der Frauen ("Mein Bauch gehört mir"). Die Familienrechtsreform 1975 schrieb das Ende des Patriarchats legistisch fest.

Als in den 1980ern die Staatssekretärinnen Johanna Dohnal - die hauptverantwortlich für die Frauenpolitik in Österreich zeichnet - und Franziska Fast aus der Regierung katapultiert werden sollten, gab es Großdemonstrationen - Partei- und autonome Frauen marschierten gemeinsam. Überall wurde über Frauenthemen gestritten, sich als "Feministin" zu bezeichnen, war eine Mutprobe - jedenfalls außerhalb des Milieus. Heute heften sich viele dieses Etikett an. Ja, auch in den 1980ern wurde die Sichtbarmachung der Frauen in der Sprache verlangt, aber Gendern war nicht das einzige Anliegen.

Eines ist aber den alten und jungen Feministinnen gemeinsam, sie singen: "Unter dem Pflaster, ja da liegt der Strand, komm reiß auch du ein paar Steine aus dem Sand." Das gibt Hoffnung.