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Die Grenzen der Royals

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

Wahrscheinlich können die britischen Royals ihr eigenes Glück selbst kaum fassen. Immerhin hatten die Kritiker der Monarchie vor und nach dem tragischen Tod Prinzessin Dianas 1997 erheblichen Rückenwind. Wenn an diesem Wochenende Prinz Harry seine bürgerliche Meghan Markle vor den Augen einer faszinierten Weltöffentlichkeit vor den Traualtar führt, dann ist von Krise keine Spur mehr.

Im Gegenteil: Die 92-jährige Queen und ihre Familie gelten nicht nur als Touristenattraktion von unschätzbarem Wert, sondern längst als letzter Kitt, der das von politischen, sozialen und ethnischen Gräben durchzogene Großbritannien noch zusammenhält.

Mag sein, dass die "Firma Windsor" ein letztes Symbol des Vereinigten Königreichs ist. Aber man sollte sich in Bezug auf die Integrationskraft der Royals besser keinen Illusionen hingeben. Weder die Queen noch die aktuell so im Mittelpunkt stehende junge Generation um William & Kate und Harry & Meghan werden die Gräben überbrücken können, wenn es in der Politik und bei den Bürgern nicht den Willen dazu gibt.

Die Macht der Royals ist bestenfalls symbolisch, womöglich auch nur willentlich imaginiert und schlimmstenfalls ein bloßer, dafür aber hochprofessioneller Marketinggag. Alle drei Möglichkeiten sind allerdings gleichermaßen machtlos gegen jenen steten Tropfen, der in Form konkreter Politik die Spaltung ohne Unterlass vorantreibt und vertieft.

Und es nützt auch nichts, wenn Millionen Briten die regelmäßig wiederkehrenden königlichen Inszenierungen britischen Zusammenhalts und britischer Großartigkeit mit Begeisterung verfolgen und mitfeiern. Das ist zwar ganz nett anzuschauen und schadet auch nicht wirklich irgendjemandem. Aber ein Ersatz für ein entsprechendes politisches Bewusstsein kann es nicht sein.

Im Angesicht der massenmedialen Überwältigung durch die Allgegenwart der Royals gerät ihre realpolitische Impotenz in Vergessenheit. Und wenn dieser Versuchung zu viele britische Bürger (der große Rest der Welt kann ruhig weiter seinem Eskapismus frönen) erliegen, ist die Gefahr durchaus realistisch, dass sie am Ende vor den Trümmern ihres Königreichs stehen. Der Brexit verleiht diesem Szenario einen geradezu gespenstischen Realismus.

Vielleicht nutzt es ja etwas, wenn die Queen, Charles, William und Harry - oder besser doch nur Prinz Philipp und die Ladies? - ihre Untertanen von Zeit zu Zeit daran erinnern, dass das richtige Leben ohne die Royals stattfindet. Das wäre zugegeben schlecht fürs königliche Image, aber vielleicht glaubt dann niemand mehr, die erbärmliche Inszenierung der britischen Innenpolitik sei auch nur eine folgenlose Seifenoper.