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Die Erwachsenen

Von Konstanze Walther

Leitartikel
Konstanze Walter ist Redakteurin im Außenpolitik-Ressort der Wiener Zeitung.
© Wiener Zeitung

Es gab eine Zeit, in der die sogenannten Industrienationen nicht miteinander reden konnten. Das klingt heute vielleicht harmlos, war aber damals ernst. Es war die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die des Misstrauens danach. Diejenigen, die in die Zukunft blicken wollten, gründeten transnationale Verbände. In Europa war es die Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die später zur oft ungeliebten Europäischen Union geworden ist. International waren es die sogenannten Bretton-Woods-Organisationen - der Internationale Währungsfonds und die Weltbank, die gerade ihre Jahrestagung in Indonesien abhalten.

Über Sinn und Unsinn der Institutionen wurde in den vergangenen Jahrzehnten viel geschrieben, das Wort "angestaubt" wurde dabei oft verwendet. Währungsfonds und Weltbank wurde häufig vorgeworfen, nach der Pfeife der USA zu tanzen. Das liegt auch daran, dass die USA die stimmenstärkste Fraktion in diesen Gebilden stellen. Sie stellen die Präsidenten der Weltbank. Der IWF hat lange bei seinen Kreditprogammen den Neoliberalismus in die Welt hinausgetragen.

Doch es ist viel passiert in der Zwischenzeit, vor allem beim IWF, der inzwischen überzogene Sparpolitik kritisiert und vor einer Vergrößerung der Ungleichheit auf der Welt warnt. Alles gut und schön, könnte man sagen, aber eben auch der Lauf der Zeit.

Parallel dazu ist aber woanders etwas anderes passiert. Denn die westlichen Demokratien nehmen gerade düstere Züge an. US-Präsident Donald Trump hält wirtschaftliche Erpressung -wie etwa im Handelskrieg mit China - für die einzige Art, "Deals" abzuschließen. In Brasilien ist Jair Bolsonaro, der Ministerposten mit Militärs besetzen will, Favorit für das Präsidentenamt. Und auch in Europa gibt es immer mehr populistische Tendenzen. Reflektiertes Verhalten gerät angesichts von Impulshandlungen ins Hintertreffen.

Und so mahnen die Erwachsenen auf der Weltbühne, etwa in Form von IWF-Chefin Christine Lagarde, zur "Deeskalation": dass das System des weltweiten Handels repariert, aber nicht zerstört werden dürfe; oder dass Zentralbanken ihre Entscheidungen frei von politischen Einsagern treffen sollten - Trump hat die US-Notenbankpolitik ja für "verrückt" erklärt. Lagarde erinnerte auch das Euro-Land Italien daran, dass "EU-Mitglieder die Regeln akzeptieren sollen, zu denen sie sich durch ihre Mitgliedschaft bekannt haben". Italiens populistische Regierung will ihr Budget durch die Erweiterung des Schuldenstandes finanzieren.

Angesichts der Entwicklung in der Politik hat es etwas Beruhigendes, wenn supranationale Organisationen mit Menschen ausgestattet sind, für die Expertise und Erfahrung keine Schimpfworte darstellen.